Wir waren Kaffee rösten. Eigenhändig und selbst haben wir uns durch das geballte Wissen eines Experten gehorcht, geschmeckt und probiert. Bei unserem ersten Röstworkshop bei den Coffee Pirates führten uns Evelyn und Werner in die hohe Kunst des Kaffeeröstens ein und erklärten uns, warum es wichtig ist, den kompletten Weg des Kaffees – von der Bohne bis ins Häferl – im Auge zu haben.
Die Theorie
Bevor es zum Rösten ging, bekamen wir von Werner eine ausführliche theoretische Einleitung über Herkunftsländer, Kaffeesorten, Pflückmethoden, Weiterverarbeitung, Lagerung und natürlich das Rösten. Bei dieser Vielzahl an Arbeitsschritten, die der Kaffee benötigt, bis er im Häferl landet, kann einiges schief gehen. Schon bei der Ernte unterscheidet man zwischen „Strip Picked“ und „Selectively Picked“, sprich, werden nur die reifen Bohnen einzeln gepflückt, da sie unterschiedlich schnell am Strauch reifen, oder werden die Äste komplett abgezogen, wobei alle Bohnen in den unterschiedlichen Reifestadien mit jeder Menge Blätter, etc. abgeerntet werden. Auch bei der weiteren nassen Aufbereitung, bei der die Bohnen von ihrer Schale getrennt werden, kann es vorkommen, dass das hierfür notwendige Wasser mehrmals benutzt wird. Dies zeigt sich dann später in einem ausgeprägten Zwiebelaroma, und das hat nun wirklich nichts im Kaffee zu suchen. Die Sortierung der Bohnen ist eine weitere mögliche Fehlerquelle auf dem langen Weg ins Häferl. Unreife, aufgebrochene oder unförmige Bohnen sollten entfernt werden, da sie beim Rösten verbrennen können und im Kaffee ein rauchiges Aroma hinterlassen.
Auch der Röstvorgang sollte auf die jeweilige Kaffeebohne abgestimmt sein. Dabei hilft man sich mittels Diagrammen, die den Temperaturverlauf der Bohnen während der Röstung darstellen, sogenannte Röstkurven. Ziel ist es hier, bei jeder Röstung den optimalen Temperaturverlauf zu erzielen, der grundsätzlich nur durch das Regulieren der Hitze- und Luftzufuhr manuell gesteuert wird.
Vereinfacht dargestellt, könnte man den Röstvorgang in zwei Hauptphasen gliedern, dem Aufwärmen und dem Rösten, die durch den sogenannten „First Crack“ geteilt werden. Das hierbei entstehende Geräusch ist mit dem Aufpoppen von Popcorn zu vergleichen, wobei die Zellstrukturen der Bohnen aufbrechen und diese eine große Menge an Wasserdampf und CO² freisetzen. Zuvor, während der Aufwärmphase, bekommen die Bohnen bereits die erste Bräunung. Nach dem ersten „Knacken“ setzen die Karamellisierung und die Bildung der Röstaromen ein. Je länger die Röstung nun dauert, desto dunkler werden die Bohnen, wobei immer mehr Röstaromen entstehen und der Kaffee gleichzeitig an Körper und Säure verliert. Das Ziel ist, neben Einhalten eines konstanten Temperaturverlaufs während der Röstung, den richtigen Zeitpunkt zu treffen, um die Röstung zu beenden. Kurz geröstete Kaffees bezeichnet man als City- oder American Roast, lang und dunkel geröstete als Light French, Vienna oder Italian Roast.
Die Praxis
Nun aber zu unserer ersten eigenen Röstung. Die Maschine ist bereits mit der richtigen Temperatur vorgeheizt. Die Rollen sind klar verteilt: einer regelt Temperatur und Luft, eine wacht über die Uhr, eine notiert alle 30 Sekunden die Temperatur, um später die Röstkurve zu ermitteln und einer kontrolliert den Bräunungsgrad der Bohnen. Los geht’s. Die Bohnen werden über den Trichter von oben eingefüllt. Die Temperatur sinkt schlagartig von über 200 °C auf unter 100 °C. Ab jetzt gilt es, die Temperatur so konstant wie möglich zu erhöhen. Die Temperatur steigt: 4:30 min, 165 °C. Kurz eine Probe entnehmen: die Bohnen haben bereits eine hellbraune Farbe angenommen. Und plötzlich, da ist er, der „First Crack“ – 8:15 min, notiert. Jetzt aber ruhig bleiben und aufpassen, dass die Temperatur nicht abflacht. Hitzezufuhr korrigieren und ab sofort Bräunungsgrad in kürzeren Abständen testen. Zugegeben, ein erfahrener Röster macht das nicht so häufig wie wir in unserer Aufregung. Der weiß, auf +/- 20 Sekunden genau, wann der Kaffee fertig geröstet ist. Nun aber raus mit den Bohnen – 12:50 min – Ende der Röstung. Die Klappe wird geöffnet, die Bohnen fallen in den Kühlzylinder und werden durch Luftzufuhr relativ schnell auf Zimmertemperatur heruntergekühlt. Dank Werners Unterstützung werden dann noch die fehlerhaften Bohnen händisch aussortiert. Dabei zeigen sich bereits erwähnte Fehler wie unförmige oder nicht ausgereifte Bohnen, die sich nun, im gerösteten Zustand, in ihrer Farbe deutlich von der Masse abheben. Schnell noch abgefüllt und etikettiert, halten wir stolz unseren ersten selbstgerösteten Kaffee in der Hand.
Unser Fazit
Wir haben gelernt, wie viel Fertigkeit und Wissen in einem guten Kaffee stecken und wissen nun noch besser zu erklären, warum uns der unter Liebhabern so verpönte „Industrie-Kaffee“ nicht schmeckt und wir lieber bei kleinen Röstern wie den Piraten kaufen. Werner hielt den Workshop mit viel Hingabe und Leidenschaft. Und hätte ihn die Uhr nicht irgendwann gestoppt, er hätte uns noch stundenlang alles zum Kaffee erklärt, hätte uns riechen, schmecken und probieren lassen. Und nicht zuletzt die Tatsache, dass jede/r von uns einen kleinen Sack des selbst gerösteten Kaffees mit nach Hause nehmen durfte, ließ uns nach diesem gelungenen Abend mit einem wohligen Gefühl des Erfolgs beschließen.
Tipp
Die Röst-Workshops der Coffee Pirates werden in unregelmäßigen Abständen veranstaltet. Bei Interesse solltet Ihr einfach mal vorbei schauen, den Piraten auf Facebook folgen oder eine Mail an office@nullkaffeepiraten.at schreiben.